Donnerstag, 30. Juni 2016

Zimmerkräutergarten

Gelbwurzel (Kurkuma) und Taro, am Südfenster fröhlich vereint



Zimmerkräutergarten

So einen richtigen Drang zum Zimmergärtner habe ich nicht mehr, das liegt vielleicht daran, dass ich meine Lehre zum Gärtner als „Pöttchenpuhler“ in einer Zierpflanzengärtnerei absolviert hatte. Doch seitdem ich entdeckt habe, dass sich einige Kräuter und Würzpflanzen, die ich gerne verwende, am Fenster ziehen lassen, habe ich wieder Freude am Zimmergärtnern gefunden, vor allem, da ich in der Alten Schule in Fredelsloh einiges an Fensterfläche zur Verfügung habe, in verschiedenen Himmelsrichtungen.

Am Südfenster in der Küche haben das Basilikum „African Blue“, Ocimum kilimandscharicum x basilicum 'Purpurascens' , eine der wenigen Sorten, die ausdauernd ist, und das Indische Patchouli den Winter gut überstanden. Nun habe ich endlich auch die Zeit gefunden, die Schätzchen weiter zu vermehren, durch Stecklinge. Gerade bei der genannten Basilikumart geht das nur dadurch, da es keine Samen bildet.

Stecklinge vom Patchouli und vom Basilikum "African Blue"
Das Basilikum brauche ich immer wieder einmal in der Küche, und es kann im Sommer auch nach draußen verfrachtet werden, doch hab ich auch einfaches grünes Basilikum vorgezogen. So bleibt es mein Küchenbegleiter. Das Patchouli habe ich wohl eher da als Jugenderinnerung, als die Discos nicht nur aber auch nach Patchouli geduftet haben. Es ist eine Pflanze aus der Familie der Lippenblüter, wie das Basilikum und die Minze zum Beispiel. Ich habe noch alte Kräuterbücher gefunden, wo es der Gattung Mentha zugeordnet war. Die Blätter ließen sich auch einem belebenden Likör zugeben, doch das habe ich noch nicht ausprobiert, und gebe das einmal einfach so hier weiter.

Die Patchouliblätter haben ihren stärksten Duft, wenn sie trocken sind. Daher ernte sie und trockne sie auf Löschpapier zwischen dicken Buchdeckeln, ganz klassisch. Als ich noch erwerbsmäßig Kräutergartenberatungen und Kräuterwanderungen angeboten hatte, hab ich mir für meine Visitenkarten etwas ganz besonderes ausgedacht: Ich hab die getrockneten Patchouliblätter zu einer Buchbinderin gebracht, die als unteres Papier für meine Karte ein stärkeres, griffiges nahm, und als oberes ein zartes Japanpapier. Zwischen diese beiden Lagen wurde jeweils ein getrocknetes Blatt des Patchouli eingeklebt und die Schichten gut verleimt. Dann kam darauf per Handstempel Adresse und Angebot.

Wenn so ein Kärtchen sich zwischen den Handflächen erwärmte, duftete es nach Patchouli, und es brauchte sehr lange Zeit, mehr als ein Jahr, bis das aufhörte. Zwar war das Ganze etwas aufwändig, auch nicht gerade billig, doch um so besser, sagte ich mir, so gebe ich meine duftenden Visitenkarten mit Bedacht aus der Hand.

Zur Vermehrung durch Stecklinge: Bei den beiden genannten Arten geht es recht einfach. Ich schneide mit einer scharfen Schere oder einem scharfen Stecklingsmesser Teilstücke von den Stängeln, immer so, dass ich an der Unterseite eine Nodie, so heißen die Augen an den Stängeln von Pflanzen, habe. Denn hier macht sie ihre Wurzeln. An der Internodie, also dem Stängelstück zwischen den Nodien, bewurzeln sie nicht. Ich stecke meine Stecklinge möglichst in Erde, in Anzuchterde, und da ist es wichtig, dass nicht zuviel Stängel mit in die Erde kommt, sondern nur eben die Nodie. Die Gefahr ist groß, dass das Stängelstück zu faulen beginnt, und mein Steckling darum eingeht. Wenn ich die Stecklinge gleich in Erde stecke, und nicht vorher in Wasser, was zum Bewurzeln auch ginge, dann bekomme ich von Anfang an stabilere und unempfindlichere Wurzeln. Beschleunigen kann ich den Bewurzelungsprozess noch, indem ich ab und zu mit Weidenwasser gieße. Das ist Wasser, in dem Rindestücke von einjährigen Zweigen der Weide zwanzig Minuten ausgekocht wurden. Das Wasser nimmt dadurch eine schöne rote Färbung an. Ein altes Hausmittel.

Die Stecklinge dürfen oberhalb der Nodie, die in die Erde kommt, noch zwei Blattpaare haben, bei mehr hätten sie Schwierigkeiten, diese zu versorgen. Blüten werden vor dem Stecken entfernt. Ich stecke die werdenden Pflänzchen in kleine Töpfchen mit Erde, die unten Löcher haben. Denn ich wässere nicht von oben, sondern von unten. Als Aushilfsgewächshaus benutze ich transparente Transportkisten, die von einem bekannten Möbelhaus stammen, und die durch irgendeine Haushaltsauflösung hier in der Alten Schule landeten.

In eine dieser Kisten kommen meine Töpfchen, dann wird gewässert, oben auf eine zweite Kiste, und fertig ist das Minigewächshaus. Bis die Stecklinge Wurzeln getrieben haben, bleiben sie unter der Haube, wir Gärtner nennen das „gespannte Luft“, dann wird die Haube entfernt, dass die Pflänzchen nicht zu lang ziehen.

Wenn die also alle angewachsen sind, dann habe ich einiges zum Ernten in meinem Zimmergärtchen, doch es geht noch mehr. Bekam ich doch ein Stängelstück vom Lemongras aus dem Supermarkt eines Kaufhauses, an dem schon Würzelchen waren. Das wurde flugs eingetopft, und beginnt jetzt schon mit dem Wachstum. Lemongras kann sich auch im Zimmer zu einer großen Pflanze auswachsen, und es braucht auch die Südseite, um sich wohl zu fühlen. Die Blätter kann ich in verschiedenen Gerichten mitkochen, zum Beispiel in einer Kürbissuppe mit Ingwer und Koriander. Auch als Tee sind sie schmackhaft, auch dann werden sie gekocht und nicht nur überbrüht.

Taro
Dass ich hier am Südfenster noch eine Edu oder Taro, Colocasia esculenta, stehen habe, verdanke ich meiner Liebsten, die mir ein Knölleken mitbrachte, dass schon eine grüne Spitze zeigte. Ich kenne die Pflanze noch aus meinem Aufenthalt auf Teneriffa, wo sie an einigen Stellen angebaut wurde. Sie kann ganz schön groß werden. Da sie aus der Familie der Aronstabgewächse ist, enthalten die Rhizome Calciumoxalatkristalle, die beim Kochen oder Erhitzen aber zerfallen. Genutzt werden in den Herkunftsländern jedoch auch die Blätter und Stängel, die auch sehr proteinreich sind. In der Anfangszeit kam das Knölleken mit der grünen Spitze auch unter die Haube, genauso wie die Gelbwurzel, die ebenso zu ergrünen begann. Also, kleine Töpfe, die Knolle und das Rhizom mit der grünen Stippe da hinein, ein Teller unten drunter, ein Weckglas oben drüber. Die haben sich wohlgefühlt die Beiden, und sind mittlerweile zu ansehnlichen Pflanzen ausgewachsen. Was daraus wird? Ich weiß es noch nicht, noch befindet sich es im Stadium der Spielerei. Bei der Gelbwurzel duften auch die Blätter bei stärkerem Reiben, so dass ich mir vorstellen kann, dass ich sie zum Würzen nehme, genau so wie bei Kardamon, den ich lange Jahre im Hause hatte, und der auf meiner neuen Wunschliste steht.

Die Kardamonpflanze ist eine aparte Blattpflanze, die ganz schön groß werden kann, und die würzige Blätter treibt. Das Beste aber ist, dass sie auch mit einem Nordfenster vorlieb nimmt, wo sonst nicht so viel gedeiht. Blüten und Samen setzt sie leider nicht hier an.

Was steht noch auf meiner Wunschliste? Meyers Zitrone, eine Sorte, die ganzjährig im Hause bleiben kann, und die im Winter nicht einen so hohen Lichtbedarf hat, wie andere. Arabischer Jasmin, Jasminum sambac, der im Sommer draußen bleiben kann, sogar leichte Fröste verträgt, und den wohl reinsten Jasminduft aus weißen Blüten entströmen lässt, den ich kenne. Und wenn ich weiter darüber nachdenke, fällt mir sicherlich noch mehr ein. . .



Mittwoch, 29. Juni 2016

Kleines Fredelsloher Pilzmenü (und die Frage: Kernig oder nicht?)

Nein, das ist nicht das Kleine Fredelsloher Pilzmenü, sondern ein großes. . .(Wettkochen mit Pilzen, dabei: Eine Freundin, der Dingefinder und sein Sohn

Kleines Fredelsloher Pilzmenü

Die Pfifferlinge (und ich hatte noch etwas „Beifang“, zwei kleine Maronen und ein paar Perlpilze) in Butter dünsten. Wenn das „Pilzwasser“ verschwunden ist, mit Sahne anrühren, salzen. Mehr braucht es eigentlich nicht. Als Beilage dazu gibt es Couscous, mit etwas Knoblauch angedünstet, auch in Butter, und mit Rinderfond aufgekocht und ziehen gelassen. Vielleicht nachsalzen. Dazu wird Petersilienpesto gegeben. Als Nachspeise eine Quarkspeise mit Walderdbeeren.“


So schrieb ich hier zu meinem ersten Pfifferlingsfund. Das hört sich einfach an, doch liegt der Deubel auch hier im Detail. Beginne ich einmal mit der Butter „bei die Pilze“. Dafür habe ich in dem großartigen Buch „Käse selbermachen in nur 1 Stunde“ von Claudia Lucero einen guten Tipp zum Thema „Buttern“ bekommen. Einmal hatte ich schon aus der Sahne, die sich auf der Milch von unserem Bauern absetzte, Butter bereitet. Nach der einfachen, doch etwas langwierigen Methode, die Sahne in ein großes Twist-off-Glas zu geben und mit geschlossenem Deckel kräftig Schütteln. Nach etwa zwanzig Minuten habe ich Butter, die ich dann nur noch in klarem Wasser auswaschen brauche. Doch erlahmte meine Freude an der Butterherstellung schnell, und ich machte es nicht wieder. War ja nur ein Versuch.

Nun zu besagtem Tipp aus dem Buch: Einfach die abgeschöpfte Sahne von der Milch in die Küchenmaschine geben, und bei langsamer Stufe begonnen (wegen des Spritzens) auf die schnellste Stufe stellen. Nach ca. fünf Minuten sind die ersten Butterklümpchen zu sehen, noch fünf Minuten später kann die Butter zum Auswaschen entnommen werden und die Buttermilch umgefüllt. Einfacher geht´s nicht, und nun hat meine Küchenmaschine noch eine weitere Funktion: Butterfässchen.

Zum Auswaschen: Die Butter wird so lange in kaltem Wasser geknetet, bis das Wasser nach dem Auswechseln klar bleibt. Damit habe ich die Molkeanteile entfernt. Dieses mal hatte ich die Butter aus Sauerrahm gemacht, der sich oben in dicker Schicht auf der gebildeten Dickmilch stand. Ich habe sie für meine Verwendung leicht gesalzen. Und: sollte die Butter doch einmal ranzig werden, dann kommt sie in eine Kasserolle, und wird dort simmern gelassen (wenn sie flüssig ist, und vom Topfboden Perlschnüre von Bläschen aufsteigen, dann habe ich die richtige Temperatur). Dabei bildet sich ein milchigweißer Schaum und Schwebeteilchen steigen an die Oberfläche. Die werden abgeschöpft. Das kann ich ein paar mal wiederholen, bis die flüssige Butter völlig klar bleibt. Was übrig ist, ist das reine Butterschmalz, in Indien Ghee genannt, das ich dann zum Anbraten von vielen Gerichten nutzen kann. Überall, wo ich zum Anbraten oder Fritieren sehr heißes Fett brauche, ist Ghee das erste Mittel der Wahl.

Mittlerweile hole ich zehn Liter Milch die Woche beim Bauern, zum Weiterverarbeiten. Die Kühe sind nun auf der Weide und ich bekomme eine exquisite Weidemilch. Bei dieser Menge lohnt sich auch die Butterbereitung. Und für die Molke von der Käseherstellung habe ich auch schon einen Abnehmer: Der Nachbar freut sich darüber als Futtertrunk für seine Hühner. Und ich habe eine Eierquelle. . .

Nach der Butterherstellung habe ich die Küchenmaschine wieder gereinigt. Dann kamen darein: Frischer Knoblauch aus dem Garten (der erste dieses Jahr), Walnusskerne, die ich vorher trocken in einer Pfanne angeröstet hatte, glatte Petersilie, Blätter und Stängel, Olivenöl, etwas Salz. Daraus wurde dann bei vorsichtiger Betätigung des An- und Ausschalters das oben genannte Petersilienpesto. Dass ich vorsichtig beim Anschalten bin, liegt daran, dass ich darauf achte, dass das Pesto nicht erhitzt in der Küchenmaschine. Eigentlich mache ich kleine Mengen Pesto im Mörser, ich habe da einen schönen schweren aus Granit, doch bei den Mengen, die zur Zeit anfallen an Kräutern, schaffe ich nicht alles. Die Walnüsse sind übrigens von unserer Streuobstwiese, wir haben sie letztes Jahr gesammelt, und ich saß am Vorabend gemütlich in der Küche beim Nüsseknacken.

Im Herbst werden in Grimmerfeld, das ist ein Forsthaus nahe bei Fredelsloh, die Weiderinder geschlachtet. Das sind so puschelige Urviecher die ganzjährig draußen bleiben können. Es gibt in der Region noch einen Schlachter, der draußen schlachten darf, und die Tiere unterliegen nicht dem Stress und der Unmenschlichkeit eines Schlachthofes. Von unter solchen Bedingungen gehaltenen und geschlachteten Tieren mag ich auch gerne Fleisch essen. Da ich beim Portionieren und Abpacken des Fleisches helfe, bekomme ich auch immer eine erkleckliche Menge an Knochen mit mehr oder weniger Fleisch daran. Aus denen koche ich meinen Rinderfond: Zuerst werden die Knochen in Bräter getan, die ich etwas mit Öl ausgepinselt habe. Sie liegen darin möglichst nur in einer Lage. Die Bräter kommen in den sehr heißen Backofen (250°), und zwar für ca. 20 Minuten, bis sie gut angebräunt sind. Ich entferne die Knochen aus den Brätern und lösche mit heißem Wasser den Bratenansatz vom Boden ab. Das alles kommt in einen Topf, die Knochen, das Wasser, einige Lorbeerblätter, Piment, etwas Gemüse wie Sellerie, Lauch, Pastinaken, Zwiebeln, etwas Tomatenmark, Salz. Die Knochen müssen mit dem Wasser bedeckt sein. Dann lasse ich das Ganze mindestens fünf Stunden köcheln.

Eventuell muss ich zwischendurch etwas Wasser nachgießen. Die Knochen werden aus der Brühe genommen, das Gemüse und die Gewürze abgesiebt, und dann wird die Brühe so lange im Topf auf dem Feuer gelassen, bis sie ca. auf ein viertel reduziert ist. Das dauert auch eine Weile, besonders, weil auch da nicht mit großer Hitze arbeite. Noch heiß wird der so entstandene Fond in Twist-off-Gläser abgefüllt, um bei Bedarf zur Verfügung zu stehen. Wie zum Beispiel für das Couscous meines Fredelsloher Pilzmenüs.

Für solche Sachen wie das Fondzubereiten lohnt sich ohne Frage die Anschaffung eines Küchenherdes, der mit Holz beheizbar ist, eine Küchenhexe. Als Brennstoff kann ich da Abfallholz verwenden, und in der Zwischenzeit, bis die Brühe fertig ist, noch Brot und Kuchen im Backofen backen oder Pilze und Obst trocknen.

Für mein Couscous hatte ich etwas Butter in den Topf getan, in der ich Knoblauch und eine kleine fein gewürfelte Zwiebel anbriet. Dann habe ich den Fond dazugegeben, der schön glibberig, wie es sein sollte, aus dem Glas plumpste, die gleiche Menge Wasser dazu getan und das Couscous, das nach dem Aufwallen ja nur noch ziehen braucht. Gewürzt habe ich das mit frischen Thymian und Rosmarin, etwas Majoran, Muskat und gemahlenen Chili, und Salz.

Das Couscous konnte sich bei Tisch jede und jeder nach eigener Wahl mit dem Petersilienpesto und / oder der Pilzsahnesauce vermengen. Alle Anwesenden sprachen von einer leckeren Mischung. Für die Nachspeise hatte ich noch ein paar richtig reife, sprich fast braunschalige Bananen. Geschenk unseres Kaufmannes, der sie nicht mehr verkaufen konnte. Die habe ich zerdrückt und mit Quark und Sahne verrührt. Dazu kamen zwei Gläschen meiner Walderdbeermarmelade. Die hatte ich nicht so stark gesüßt, so dass ich ohne Zitronensaft auskommen konnte. Auch davon blieb nichts übrig. . .

Das alles steckt also drin, in einem Fredelsloher Pilzmenü, welches seinen Namen verdient. P. s. Das nächste Ma(h)l gibt es einen Salat vorneweg. Mit Fredelsloher Rosenkäse. . .

Kernig oder nicht?


Links Johannisbeere, rechts Himbeere, mit Kernen
„Kernig oder nicht“, war eine Frage, über die ich mich mit meinem Tischnachbarn beim Speisen unterhielt. Es gab zur Nachspeise eine Quarkspeise, in die Walderdbeermarmelade eingerührt war, und diese war „kernig“.

Ich mache aus Früchten selten Gelees, eher aus Blüten und Kräutern. Ich verarbeite Erdbeeren, (Wald)Himbeeren, Blaubeeren, Felsenbirnen, Brombeeren und Johannisbeeren mit allem drum und drin. Also mit Kernen zu Marmelade. (Die ich so nicht nennen darf, da sie in der Regel unter 50 % Zucker enthält, und somit ein Fruchtmus ist).

Mein Tischnachbar favorisiert die Geleevariante, da ihm die blöden Dinger, die Kerne, immer zwischen den Zähnen hängen bleiben. Doch einig waren wir uns darin, dass Marmelade mit kernen anders, „besser“, eben kerniger, schmeckt. Nur bei Hagebuttenmus würde ich die Kerne entfernen, denn die kratzen ob ihrer kleinen Härchen im Halse. Dafür mörser ich für Kirschmarmelade ein paar Kirschkerne und lasse sie mitkochen. Das gibt dann diese Bittermandelnote, die Kirschmus erst richtig interessant macht, und die so gut zu dunklem Schokoladenpudding passt. . .

Eigentlich betupfe ich die Pflanzen ja, wenn ich die Kerne mitkoche. Denn ich sollte die Früchte eigentlich roh essen, und die Kerne, welche die Darmpassage unbeschadet überstehen können, irgendwo hin scheißen. Doch nun gelangen unsere zivilisierten Häufchen nur noch selten in den Wald, sondern via Spülklosett in die Kläranlage, so dass von der ursprünglichen Intention so oder so kaum etwa übrig bleibt.

Als kleine Gegengabe pflanze ich Beerenobst auf die Streuobstwiese, und entferne wildwuchernde Ranken und anderes erdrückendes Kraut zwischen den Walderdbeeren, während ich ernte in der Natur. So ist es doch wieder ein Geben und Nehmen.

Zuguterletzt: Ich werde immer wieder einmal gefragt, warum ich mir diese ganze Arbeit, wie Butter- und Käsebereiten, Fonds und Marmeladen kochen, Brot backen eigentlich mache. Die Antwort ist ganz einfach: Wenn ich mir Lebensmittel in dieser Qualität, wie ich sie selber herstelle, kaufen müsste, könnte ich dafür eine ganze Menge Geld ausgeben. Das will erst einmal verdient werden. Also, bevor ich stundenrund fremdbestimmt arbeite, und damit Lebensqualität einbüße, mache ich lieber selbst. Weil es mir Spaß macht. Und weil das Selbermachen für mich Lebensqualität beinhaltet. So einfach ist das.

Montag, 27. Juni 2016

Folge mir nicht. . .

Pfifferlinge im Wald bei Fredelsloh



Folge mir nicht. . .



Jetzt ist es an der Zeit, jeden Tag sein Sammelrevier in der Landschaft abzuschreiten, so schnell blühen und reifen die Dinge nach. Das ist keine lästige Pflicht, sondern eine reine Freude in einer Landschaft, die Karl Scheibe aus Moringen in seinem Büchlein „Fredelsloh. Geschichte des Dorfes und Klosters“ von 1899 so beschreibt: „Schilderung der Umgebung. Wir verlassen das Dorf und besteigen den Hainberg,  . . .  Wundervoll ist das Landschaftsbild, das sich von hier oben entrollt. Über das friedliche Dorf und das stille Espoldethal hinweg fliegt der Blick, auf dem wohlthuenden Grün der Wälder und Höhen in der Ferne sich ausruhend.  . . .   Wir schreiten weiter und gelangen in die feierlichen Hallen des grünen Waldes. Die zu Fredelsloh gehörenden Forsthäuser haben alle eine idyllische Lage. Inmitten von Tannenduft und Waldesruhe, umgeben von quellendurchrauschten saftigen Bergwiesen sind sie angenehme Erholungsplätze.“ Dank sei an dieser Stelle übrigens dem Fredelsloher Arno Schelle gesagt, der dieses Büchlein neu herausgegeben hat und mir ein Exemplar großzügig schenkte. Ich habe es „auf einen Huck“ durchgelesen.


Noch immer ist die Landschaft rund um Fredelsloh großartig. Mein Weg führte mich heute nicht auf den Hainberg, sondern Richtung Solling, ich wollte wieder einmal schauen, wie um die Pilze steht. Schon auf dem Hinwege leuchteten mir die ersten reifen Himbeeren entgegen. Nun bin ich mittlerweile gerüstet auf alle Eventualitäten: Im Rucksack neben Leinenbeuteln auch immer Sammeleimer, so dass ich hier schon meinen ersten Halt tat.


Nach dieser Pflückpause weiter in den Wald, zu „unserer Pfifferlingsstelle“. Entdeckt wurde sie in meinem ersten Jahr hier von meinem Sohn und mir, dann nahm ich letztes Jahr meine Liebste dort mit hin, und so ist es jetzt „unsere“. Pfifferlinge sind hier in der Umgebung nicht so häufig wie etwa Steinpilze, und da sollte man schon verschwiegen sein, wenn man um eine ergiebige Stelle weiß.


Letzte Woche war dort noch gar nichts, nicht einmal ein Perlpilz als Vorbote der Pilzsaison, doch heute leuchteten mir dort die „Eierschwämme“ vom moosgrünen Waldboden entgegen, ich durfte sammeln, und es fanden sich weitere. Das schwülwarme Wetter der letzten Tage hat sie wohl herausgetrieben, und ich darf diese Woche gewiss noch einmal wieder kommen, denn es ist Nachwuchs in Mengen da. Die Pilzsaison hat begonnen. . . Wenn man mit der Zeit „seine Stellen“ im Revier kennt, ist Pilzesammeln wie Einkaufen im grünen Supermarkt des Waldes. So nannte es vor ein paar Jahren, als ich woanders „mal eben“ loszog und mit einem Korb voll Pilzen binnen kurzem wieder kam, ine erstaunte Bekannte.


Auf dem Rückwege habe ich noch einige Kräuter gesammelt, mein Dreigestirn Johanniskraut, Odermennig und Mädesüß blüht jetzt. Heute nahm ich mir einen großen Strauß zum Trocknen für Tee mit. Johanniskraut für den aufhellenden Wintertee, Odermennig für das beleben über die Leber und Mädesüß als mildes Naturaspirin ohne die magenkrampfenden Nebenwirkungen der Tabletten.



Was nun machen mit der Pilzpracht? Schon auf dem Weg zur Alten Schule begegnete ich der ersten, die ich einladen konnte, und so ging es weiter, so dass wir heute Abend hier vier bis sechs Personen sind, die das erste Pilzfest des Jahres genießen werden. Dass zweie dafür sogar den Beginn der Übertragung eines Fußballspieles versäumen, spricht für sich und ehrt mich sehr. Nun habe ich mir ein kleines Fredelsloher Pilzmenü ausgedacht:


Die Pfifferlinge (und ich hatte noch etwas „Beifang“, zwei kleine Maronen und ein paar Perlpilze) in Butter dünsten. Wenn das „Pilzwasser“ verschwunden ist, mit Sahne anrühren, salzen. Mehr braucht es eigentlich nicht. Als Beilage dazu gibt es Couscous, mit etwas Knoblauch angedünstet, auch in Butter, und mit Rinderfond aufgekocht und ziehen gelassen. Vielleicht nachsalzen. Dazu wird Petersilienpesto gegeben. Als Nachspeise eine Quarkspeise mit Walderdbeeren.

Vor fast genau zehn Jahren schrieb ich folgendes kleines Gedicht:

                                      

                                                      Folge mir nicht

Neulich entdeckte ich in der Nähe
eines verschwiegenen Moorsees
Moosbeeren.

Auch weiß ich, wo des Sommers
unter alten Eichen
Steinpilze stehn.

Selbst Pfifferlinge
gibt es versteckt an
einem Waldpfad.

Und auf einer
stillen Lichtung
wachsen Esskastanienbäume.

Folge mir nicht,
wenn ich sonntags
auf die Suche gehe.

Bleibe mit Geduld
daheim.
Sicher lade ich Dich ein.




. . . als hätte ich es geahnt. . .

Sonntag, 26. Juni 2016

Die Zeit der kleinen Dinge




Die Zeit der kleinen Dinge

„Deutest die Zeichen
in Dingen
am Wegesrand.

Hältst
Zauber
in der Hand.“


1250 g Walderdbeeren, das ist schon eine ansprechende Menge, durfte ich heute Nachmittag sammeln. Es braucht seine Zeit, diese zusammen zu bekommen. Niedergebeugt zum Boden, die Konzentration auf die roten Beeren, die Sonne scheint freundlich durch das Geäst der Sträucher, und die Gedanken dürfen schweifen. So wird man(n) in der Zeit der kleinen Dinge fast automatisch zum Philosophen. . .

Jetzt ist wieder Zeit der „lütten Dinger“, der Walderdbeeren, Waldhimbeeren, Blaubeeren, Johannisbeeren und Felsenbirnen. Die Sommersonne schickt sich an, Aromen in die kleinen Kügelchen einzukochen, und sie leuchten farbig aus dem Grün.

Die rote Farbe zum Beispiel der Walderdbeeren signalisiert den sehenden Wesen, den „Augentieren“ Reife und Genießbarkeit, im Gegensatz zu roter Farbe etwa auf den Flügeldecken von Insekten, wo sie Giftigkeit signalisiert. Vögel sind solche „Augentiere“, welche sich angelockt fühlen von roten Früchten, weswegen ihnen die sprichwörtlichen Vogelbeeren so zusagen. Diese hängen dann auch noch repräsentabel in großen Dolden an den Außenseiten der Zweige, gut erreichbar.

Hummelragwurz, sie lockt mit Pheromonen
Doch gerade Walderdbeeren und  –himbeeren, ebenso wie Zwetschgen, Wildbirnen und andere, haben noch ein weiteres Lockmittel für tierische Verbreiter ihres den Früchten anhängenden oder innewohnenden Saatgutes: Den Duft, das unvergleichliche Aroma. Mit der sozusagen „chemischen Sprache“ der Aromen möchten die Pflanzen Wesen einer anderen Lebenssphäre, die Tiere, anlocken. Mit Blütendüften die Insekten, die für die Befruchtung sorgen. Bei Tieren ist der sexuelle Akt oft ein „Duftakt“, dem Anlocken der Partnerinnen und Partner dient ein duftendes Vorspiel. „Pheromone“, Sexuallockstoffe sind der materielle Ausdruck davon. Einige Orchideenarten, wie zum Beispiel die Hummelragwurz, gehen sogar soweit, das Pheromon bestimmter Arten fast identisch „nachzubauen“.

Dass wir Menschen als „Nasentiere“ den Lockstoffen von Blüten auch sehr gerne unterliegen, zeigt die große Anzahl an Blütendüften, die wir in aufreizenden Parfums verarbeiten. Die Aromen der Früchte locken ebenfalls Nasentiere an, die Igel, Mäuse, Waschbären, Wildschweine, uns Menschen, und was sonst noch, die sich an reifen Früchten laben. Manche, wie die Wildbirnen, haben das meiste Aroma, wenn sie zu Boden gefallen in Gärung übergehen. „Vogelfrüchte“ bedürfen den Duftstoffen nicht so, denn die Vögel sind, wie erwähnt,  eher „Augentiere“. Dann gibt es noch die Mischformen, die sowohl mit Farbe als auch mit Duft prangen, wie die Walderdbeeren, die eigentlich eher „Hainerdbeeren“ oder „Waldranderdbeeren“ heißen sollten, denn mitten im Walde sind sie nicht zu finden.

Wie die Blütendüfte dienen auch die Fruchtaromen der Vermehrung der Pflanzen. Blütendüfte locken die Bestäuber an, und Fruchtaromen die Tiere, welche die reifen Früchte wegen ihres süßen Fruchtfleisches verzehren möchten und sollen. Die Kerne, welche zu den Früchten gehören, sind vor den Magensäften und den Prozessen im Verdauungstrakt geschützt, so überstehen sie den Durchgang durch das Innere unbeschädigt, um dann in einem nahrhaften Dunghaufen andernorts abgesetzt zu werden. Eine echte Win-Win-Situation, welche die Pflanzen sich da haben einfallen lassen.

Vom Walderdbeermus reicht eine geringe Portion, um eine Menge Süßspeise zu aromatisieren. Es ist bekannt, dass es so viele Erdbeeren weltweit gar nicht gibt, um die immense Menge an „Erdbeeryoghurts“ etc., die produziert werden, zu aromatisieren. Dem Ganzen wird „naturidentisches Aroma“ und Farbstoff beigefügt, so dass es die Illusion von „Erdbeere“ gibt. Ich brauche jedoch nicht jeden Tag Erdbeerprodukte zu essen, mir reichen einige Gläser für das Jahr aus, die dann zu besonderen Anlässen geöffnet werden. (Auch meine Mutter hatte ihre paar besonderen Gläschen). Für den täglichen Obst- und Kompottbedarf kommen später die großen Mengen an Zwetschgen, Äpfel, Birnen.

Es gibt auch Zuchtformen und –sorten der Erdbeere, die nennenswertes Aroma mitbringen, wie zum Beispiel die unvergleichliche Sorte „Mieze Schindler“. Wem also das Sammeln am Waldrand zu „fummelig“ ist, der oder die kann auch im eigenen Garten aromareiche Früchte ansiedeln.

Meine Mutter hatte neben den großen Erdbeeren im Garten (sie kultivierte die leckeren „Senga Sengana“) unter einer Strauchgruppe Walderdbeeren angesiedelt, die sie dort sammelte, um dann jedes Jahr ihre fünf bis sechs Gläschen Marmelade davon zu kochen, für die ganz besonderen Gäste (wie ich jetzt auch, aus Wildbeständen, siehe oben). Ich selber möchte im Garten auch immer ein paar Pflanzen von großfrüchtigen Sorten haben, jedoch nicht, um von den Früchten Marmelade zu kochen, sondern um sie in der Sommersonne zu pflücken und zu naschen.

Doch habe ich mich im Laufe der Zeit immer mehr vom Gärtner zum Sammler entwickelt, und seitdem ich hier in Fredelsloh am Rande des Sollings lebe, bin ich lieber „draußen“, in Wald und Flur, als „drinnen“, im Garten. Nun bin ich der Letzte, der sich wünscht, dass Horden von Städtern in die letzten intakten Landschaften einfallen, um alles zu ernten, was es zu ernten gibt, womöglich noch nach dem Motto „umsonst“. (Dabei ist die Ernte von so kleinen Früchten wie die der Walderdbeere durchaus nicht „umsonst“, besonders dann nicht, wenn die Rechnung „Zeit ist Geld“ aufgeht. Denn man muss durchaus Zeit mitbringen, um eine namhafte Menge zusammen zu bekommen).

Es entspricht meiner „Indianerseele“, das Schweifen draußen, und das einsammeln und pflücken von wildnatürlichem Kräutern, Früchten, Pilzen, Nüssen. Es ist gewiss auch ein gut Teil Kindheitserinnerung dabei, denn im Sommer war ich mit Eltern; Tanten, Onkeln und Großeltern oft im Wald, um zu sammeln. Das waren die glücklicheren Zeiten der Kindheit. Und auch das spiegelt sich in mir bei dieser meditativen Tätigkeit. Gewiss, die einzelne Frucht ist wesentlich kleiner als die der Zuchtformen, das Sammeln von einem Pfund dauert wesentlich länger, doch andererseits spare ich Zeit dadurch, dass ich kein Erdbeerbeet anlege, die Pflanzen im Garten betüddel, und mich mal wieder ärgere, wenn Schnecken und Amseln schneller waren. Doch da mag sich jede und jeder selber prüfen. (Die meisten kaufen am liebsten. . .).

Mich macht das Gesamte glücklich: Das Umherschweifen in der Landschaft, um die besten Sammelstellen zu finden, das Pflücken der Früchte, das Verarbeiten in der Küche, das Öffnen eines Glases Fruchtmuses im Winter, das selber essen und das bewirten von lieben Gästen mit einer leckeren Süßspeise. Das in seiner Gesamtheit, ist nicht kaufbar. Hier bewege ich mich jenseits der Warenwelt. „Reich willst du werden?  -  Warum bist du´s nicht?“ (Joachim Ringelnatz)

Ich liebe die kleinen Dinge.


Freitag, 24. Juni 2016

Philosophischer Morgenspaziergang mit kleinen Köstlichkeiten

Zeit für Juninüsse
Je-länger-je-lieber
Jetzt ist in Fredelsloh der Sommer wirklich angekommen, und ich tue gut daran, meine Wanderungen in die Umgebung möglichst früh zu beginnen. In der Morgenkühle. So bin ich denn heute kurz nach halb sechs in der Früh losgezogen und durfte einen schönen Streifzug durch "mein Revier" machen. Der erste Weg führte mich in den Wald, ich wollte einmal wieder schauen, wie weit denn wohl die Pilze sind. Doch außer einigen Perlpilzen zeigte sich noch nichts. Doch schon am Wegesrand zum Walde hin war einiges zu entdecken: Das Johnniskraut beginnt mit dem Blühen, das Mädesüß ebenso, und das Je-länger-je-lieber zeigt sich in voller Pracht. Die filigranen Blüten sind immer wieder bestaunenswert, Anmut in Duft und Form. In der Vergangenheit hatte ich schon einige Versuche gestartet, den lieblichen Duft einzufangen. Am einfachsten geht das als so genannte Pommade. Die Blüten werden abends gepflückt, dann duften sie als Blüten, welche Nachtfalter anlocken wollen, am stärksten. Eine flache Glasschale wird mit einem leichten Olivenöl befüllt, so, dass es etwa kleinfingerbreit steht. Eine Jenaer Form eignet sich am besten dafür. In diese Öl werden die vom Kelch befreiten Blüten eingelegt, und das Ganze am nächsten Tag mit einem Glasdeckel zu gedeckt der Sommersonne preisgegeben. Nah einem Tag werden die Blüten entfernt und neue eingelegt. Das kann man so lange wiederholen, bis ein blütenduftendes Öl entstanden ist.

Esskastanienblüten
Auch die Esskastanie blüht, und da lohnt es sich schon, genauer hinzuschauen. In ihrer Einfachheit haben sie auch ihren Charme. Die Walnüsse dagegen sind mit dem Blühen längst durch und haben grüne Nüsse angesetzt, die aromatisch duften. Davon habe ich heute einige eingesammelt. Sie werden mit einer Kuchengabel "eingepiekt" (dabei Handschuhe anziehen, die Dinger färben fulminant!) und in kaltes Wasser eingelegt (Ich nutze dafür das Wasser aus der Fredelsloher Klosterquelle, Ehrensache). Über Nacht kühl stellen, das Wasser abgießen und neu aufsetzen. Das lässt sich einige Male wiederholen und dient dazu, die Gerbstoffe aus den grünen Früchten zu lösen. Ich selber mache das nur zwei- dreimal, denn ich mag die gewisse Herbheit der Juninüsse, andere lassen die Nüsse bis zu zwei Wochen ausziehen, mit täglichem Wasserwechsel. 

Auch für die weitere Verarbeitung gibt es verschiedene Vorlieben. Ich nehme auf ca. ein Pfund grüner Nüsse einen halben Liter Wasser, mit Obstessig und Zucker vermengt und mit Kardamon, Nelken und Zimt gewürzt heiß über die Nüsse gegossen. Kurz aufgekocht das Ganze und in Twist-off-Gläser abgefüllt. Die Juninüsse sollten mindestens ein halbes Jahr reifen, besser ein Jahr, sie werden mit der Zeit immer besser und können als pikante Beilage zu allerhand "Wilden Gerichten" genutzt werden. Doch schon das Pflücken lohnt sich, sie duften wirklich würzig gut.

Immerhin ein gutes Pfund Walderdbeeren. Aroma pur. . .
Doch mit den grünen Nüssen nahm mein wilder Erntemorgen noch nicht sein Ende. Endlich durfte ich nennenswerte Flächen mit Walderdbeeren entdecken, wo sich das Bücken und Pflücken wahrlich lohnte.

Diese kleinen roten Dinger einzusammeln, dafür braucht es Geduld. Doch das Schnuppern am Sammelbehälter lohnt das allemal. Das nach einiger Zeit dem Sammler ein gutes Pfund leckerer Früchte in den Behälter wanderten, das lohnt allemal. Die Dinger werden zuhause eingezuckert und dürfen über Nacht ziehen. Gleichzeitig mit einigen in einer anderen Schüssel eingezuckerten Rosenblätter, die am nächsten Morgen mit etwas Wasser aufgekocht werden. (Dass ich auch hierfür das Wasser der Fredelsloher Klosterquelle nehme, ist Ehrensache, soviel augenzwinkernder Lokalpatriotismus sollte schon sein. Außerdem gilt das Wasser der Klosterquelle als Heilwasser. Wenn das nicht ein gesundes Fruchtmus gibt. . .) Wenn die gezuckerten Rosenblätter ausgekocht sind, dann werden sie durch ein Sieb geschickt, damit ich den Sirup habe, der dem Erdbeermus beigefügt werden soll. Es kann geschehen, dass der Sirup eine grünliche Farbe angenommen hat, und nicht die rosige, die ich erwartete. Dann genügen einige Spritzer Zitronensaft in den Sirup vor dem abseihen, und augenblicklich kommt der rosa Farbton zum Vorschein. (Wenn ich jetzt dem heißen Sirup etwas Geliermittel zusetzen würde, hätte ich ein leckeres Rosengelee).

Nun kommen die eingezuckerten Walderdbeeren mit dem Rosensirup zusammen in den Topf und auf den Herd. Ich lasse es nur kurz aufkochen, püriere dann mit dem Zauberstab, füge das Geliermittel hinzu, noch einmal aufkochen, ab in die sterilisierten Twist-Off-Gläser. Die Mischung Walderdbeere / Rose ist unschlagbar. Lothar hier aus dem Dorf meint sogar, es wäre ein Suchtstoff. 

Blüte der Fredelsloher hundertjährigen Rose
Diese feine Marmelade hat ein sehr ausgeprägtes Aroma, welches durch die Rosenbeimengung noch unterstützt wird. Es braucht nicht viel davon, um eine Quarkspeise oder einen Fruchtjoghurt, oder gar ein ErdbeerRoseJoghurt – Eis zu aromatisieren. Da lohnt sich das Sammeln geringster Mengen der Walderdbeeren. So eine Marmelade (oder, besser: Fruchtmus), ist auch nicht zu kaufen, und wenn, dann müsste ich sicher mindestens zehn Euro für ein 180 ml – Glas nehmen, die Sammelzeit einmal gerechnet. (Beim Rosentag in Fredelsloh hatte ich welche abgegeben, weit unter Preis. Das war aber auch dem Fest geschuldet). Wenn ich in der Saison meine zehn bis zwanzig Gläschen zusammen bekomme ist das schon in Ordnung. Ich bin der Meinung, es solle auch im Kapitalismus noch einige Nischen unverkäuflicher Dinge geben. Das Erleben und Schmecken der Landschaft, das Wandern und Sammeln, der frühe Vogelsang und die Nebel über den Wiesen, der Waldboden und die gesamte Stimmung und Schwingung, das alles kann man schmecken, wenn so ein Gläschen aufgemacht wird. Wer es also probieren möchte: Selber sammeln, und die Andacht des Sammelns und Herstellens genießen, oder sich mit mir gut stellen, und sich von mir zum Speisen einladen lassen. . . Fredelsloher wilde Küche mit Menüzutaten, welche die Landschaft und das Dorf auf der Zunge erfahrbar machen. 

Noch ein Wort zu der Rose, zur Zeit verwende ich Blütenblätter unserer hundertjährigen Fredelsloher Rose für meine Gelees und Marmeladenzusätze. Es ist eine Albarose, die als uralter Strauch in der Nähe der Klosterkirche steht. Die hellrosa Blüten duften intensiv, die Blütezeit ist jedoch begrenzt. Diese Rose lässt sich durch Wurzelausläufer sortenecht vermehren, und ich vermute, dass sie ursprünglich mit den Klosterfrauen nach Fredelsloh gekommen ist. Rosenduft und Rosenessenz wirkt nachweislich antidepressiv. Also wird meine Walderdbeer-Albarosen-Klosterbrunnenwasser-Marmelade sicherlich sehr positive Wirkungen entfalten. . . 

Ich freue mich schon auf ein Wintermenü, wo es im Hauptgang Espoler Kartoffeln gibt (möglichst die Blauen Schweden, lecker als Kartoffelklöße), gepaart mit einer deftigen Pilzsauce, in welcher die getrockneten Steinpilze den Ton angeben und die eingelegten Juninüsse die Begleitung abgeben, einen Salat vorneweg mit einem Dressing von Veilchenessig und gutem Öl, dazu Ziegenkäse mit Honig von der Liebsten und Thymian aus dem Garten warm angemacht, ein Kürbis-Apfelsüppchen mit frischem Koriander, und zum Dessert eine Walderdbeer-Rosencreme. . .  So schmeckt dann Region. . .

Mit diesen aromatischen Träumen, die durch das Duften der Walderdbeeren und der Rosenblüten angefacht wurden, kam ich dann heut morgen so um neune zurück in das Dorf. Allerorts blühen und duften hier jetzt die Linden. Das sind die warmen, gelinden Lüfte, welche Linderung geben. . .

Mittwoch, 15. Juni 2016

Blütenspaziergänge und neue Dingefinderrätsel

Eine seltene Schönheit: Die Hummelstendel oder Hummelragwurz, Ophrys holoserica, eine heimische Orchideenart, deren Blüten von einer Wildbienenart bestäubt wird, die sie mit der Aussendung von Pheromonen (Sexuallockstoffen) anlockt. Diesmal nicht auf der Weper, sondern auf dem Hainberg bei Fredelsloh entdeckt.


Knabenkraut auf dem Hainberg

Keine Orchidee, doch genauso schön: Blüte der Esparsette, einem Schmetterlingsblüter (Leguminose), der als Gründüngung ausgesät wird.

Hier nun das erste Dingefinderrätsel: Um welche Blüte handelt es sich hier? (Sie riecht übrigens leicht nach Pfeffer)


Und das zweite Dingefinderrätsel: Eine ungewöhnliche Blüte einer recht verbreiteten Heilpflanze

Samstag, 11. Juni 2016

Die "Gebrauchsrose"

Rose de Resht

"Wenn du nur ein Buch auf eine einsame Insel mitnehmen dürftest, welches wäre es dann?", eine gerne gestellte Frage. Ich würde das Buch "Landschaften des Bewusstseins" des amerikanischen Dichters Gary Snyder auswählen. 

Doch was ist, wenn ich gefragt werden würde: "Wenn du nur eine Rosensorte in deinem Garten pflanzen dürftest, welche wäre es dann?". Da würde ich ohne zögern die "Rose de Resht" nennen. Nun gut, die Farbe der Blüten dieser Sorte ist ein fuchsienrosa, das für Gartenästheten nicht immer einfach in ein Gesamtgefüge "einzubauen" ist. Auch sind die Blüten für eine Zuchtrose eher klein und sehen etwas zauselig aus. Das Edle einer "La France", "Gloria Dei" oder "Roger Lambelin" fehlt ihnen ganz. 

Doch dafür hat sie zwei unbestreitbare Vorteile: Ihren Duft und ihre Robustheit. In der Literatur wird sie meistens als Damaszenerrose bezeichnet, obwohl sie "öfterblühend" ist. Das heißt, nach der Hauptblüte im Sommer hat sie eine Nachblüte bis in den Herbst. Die Damaszenerrosen hingegen sind sommerblühend. Heute wird sie eher zu den Portlandrosen gerechnet, einer Rosengruppe, die im 18. Jahrhundert aus einer Kreuzung einer Gallicarose und einer Damszenerrose entstand. 

Die Herkunft der Rose de Resht verliert sich im Dunkel. Sie wurde erst 1940 von Norah Lindsy aus dem Iran nach England gebracht. Im Nordiran wurde diese Rose zur Rosenölgewinnung genutzt. 

Die Rose de Resht kann bis 1,50 m hoch werden, und ist, wie gesagt, dabei sehr robust und auch hinsichtlich des Bodens nicht anspruchsvoll. Es lassen sich aus ihr auch Rosenhecken gestalten. Die erste Blüte im Frühsommer ist überreichlich, die Blütenknospen sind leicht harzig, und beim Sammeln der Rosenblüten teilt sich davon etwas den Fingern mit. 

Für mich ist die Rose de Resht die Gebrauchsrose für die Küche. Durch ihren intensiven und sehr reinen Rosenduft ist sie für alle Rezepte geeignet, zu denen es "Rose" bedarf. Bei mir sind das Rosengelee, Rosensirup für Rosenbowle, Rosenessig und getrocknete Rosenblätter für Tees. 

Sicher, es gibt auch viele andere Rosensorten, die stark und nachhaltig duften. Die gesamte Palette der Alba-, der Remonta, der Gallicarosen, viele viele Edelrosen und und und. Doch zum einen ist nicht alles, was duftet, auch für die Küche geeignet, dann wieder nicht so robust, wie "Madame" de Resht, dann wieder sommerblühend, wie die Albarosen. 

Die Lieblingsrosensorte meines Sohnes war "Papa Meilland", eine schöne, dunkelrote Edelrose, auch mit einem starken, reinen Duft gesegnet. Als wir dann ihre Rosenblätter für einen Ansatz für die Rosenbowle vorbereiteiteten, zeigte sich, dass die derben großen Blätter neben ihrem Rosenduft auch einiges an Gerbsäure an den Ansatz abgegeben hatte, so dass die Bowle eher wie Roseneistee schmeckte. Auch nciht schlecht, sogar sehr interessant, doch nocht "im Sinne des Erfinders". (Ein ähnliches Ergebnis bekomme ich übrigens auch, wenn ich von den Blüten der Rose de Resht einige der grünen Kelche bei der Verarbeitung daranlasse).

Bei den Albarosen wiederum muss man wirklich genügend Material zusammenbekommen, also eine Handvoll mehr, sonst kann es geschehen, dass Sorbet oder Süßspeise daraus zubereitet wie Rosenseife schmeckt. (Ist mir einmal passiert. War dann nicht so lecker). 

Auch Edelrosensorten wie "Duftwolke", die zwar ihrem Namen entsprechend gut duften, würden nicht in meine engere Auswahl kommen. Es begab sich einmal, dass ich ein Tagesseminar für Slow Food Bremen ausrichtete, im Juni, zum Thema: „Auf Rosen sorbettet“. Den Abschluss des Rosenmenüs sollte ein Rosensorbet geben, daher der Name. Einige Wochen vorher wurde ich gebeten, für die Wochenendausgabe des Handelsblattes ein Telefoninterview zum Thema „Rosen in der Küche“ geben, man war durch die Seminarausschreibung auf meinen Namen gestoßen. Ungeübt in solchen Dingen antwortete ich der Interviewerin frei von der Leber weg. Dachte mir nichts weiter dabei. . .


Am Samstag darauf empfing mich der Convivienleiter von Slow Food Bremen mit einem breiten Grinsen und einer Zeitung unter dem Arm. Der Artikel war erschienen. Drei oder vier namhafte Köche waren zu dem Thema gefragt worden und der Gärtner und Dingefinder Jörg Krüger. Und der wurde an erster Stelle mit dem Satz zitiert: „Nuttendiesel können wir in der Küche nicht gebrauchen“. Das war der Satz, der die Heiterkeit auslöste. Und den ich so einfach dahin gesagt hatte.  

Handelsblatt 19. 6. 2006

Dass in obigen Artikel die Rose de Resht nicht auftaucht, sei dem Telefoninterview geschuldet. "Papa Mailland" verwendete ich auch damals schon nicht in der Küche. Heute würde ich zusätzlich noch "Stanwell Perpetual" und "Hansa" noch in die Reihe stellen, erstere eine Pimpinellifolia-Damaszener-Kreuzung, letztere eine Rugosa, beide mehrmals blühend und mit gutem Duft gesegnet. 

Doch die Frage war ja: "Wenn du nur eine Rosensorte in deinem Garten pflanzen dürftest, welche wäre es dann?". . .


Zum Rezept für Rosengelee geht es hier:


Freitag, 10. Juni 2016

Entscheidungen: Wenn wieder einmal alles auf einmal zu Ernten ist. . .

Frische Walderdbeeren

Versuche und Entscheidungen

Hexenröhrlinge, die ersten
Nein, man kann nicht immer alles auf einmal. Also, ich als Mensch nicht, die Natur kann. Zum Beispiel, Rosen und Holunder blühen lassen gleichzeitig mit dem Reifwerden der Walderdbeeren und dem Auftauchen der ersten leckeren Pilze, wie zum Beispiel Hexenröhrlinge.

Da lachen mich dann im Vorbeigehen die gerade in der richtigen Blühphase zum Ernten aufgegangenen Blütendolden des Holunders an, und die Hand zuckt, um diese zu Pflücken für Holunderblütensekt.

Doch blühen auch überall die Rosen, und ich bin dabei, Rosengelee und Rosensirup herzustellen. (Ist ja auch bald Rosentag). Das nimmt schon einige Zeit in Anspruch.

Wenn ich dann meiner Wege gehe, Rosenblütenblätter zu Ernten, sehe ich allenthalben tiefrote Walderdbeeren. Da kann ich dann doch wieder nicht daran vorbei gehen, und schwuppidiwupp kniee ich am Wegesrand und pflücke.

Rose de Resht in voller Blüte
Gut, manches lässt sich kombinieren, und heute am frühen Morgen habe ich die ersten zwei Gläser Walderdbeer-Rosenmarmelade eingekocht. Das hat sich als eine wirklich klasse Kombination erwiesen.

Walderdbeeren wiederum kann ich auch sammeln, wenn ich mich aufmache, um nach den Pilzstellen zu schauen. Andernorts gibt es schon die ersten Pfifferlinge und Sommersteinpilze.

Dass dann auch noch der Kräutergarten und die Beerenobststräucher der Pflege bedürfen, der Rosengarten vor der Kirche gegossen werden möchte. . . Ach, dass die langen Tage so kurz sind. . . (Und das Johanniskraut beginnt auch mit dem Blühen. . .)